http://dailymaverick.co.za/article/2012-08-22-marikana-cabinet-ministers-feel-full-force-of-striking-miners-fury, 22.8.2012, Sipho Hlongwane & Greg Marinovich
Marikana: Die Minister bekommen die geballte Kraft der vor Wut rasenden streikenden MinenarbeiterInnen zu spüren
Das interministerielle Komitee, das von Präsident Jacob Zuma zusammengestellt wurde, um mit den Folgen der Schießerei bei Marikana umzugehen, traf sich am Dienstag mit einer Gruppe von MinenarbeiterInnen außerhalb des besetzten Lagers Wonderkop. Es war das Komitee, dem erklärt wurde, wie was war. Nachdem die FührerInnen der ArbeiterInnen erstmal die Kommission ernsthaft angeschnauzt hatten, stellten die MinenarbeiterInnen fest, dass die Dinge nach ihren Bedingungen ablaufen würden, nicht nach denen von Lonmin, der Polizei oder des nationalen Kabinetts.
Präsident Jacob Zuma schaffte einen kolossalen Fehltritt, als er Samstag abend nicht in das BesetzerInnenlager ging, nachdem die Polizei das Feuer auf eine Gruppe streikender Minenarbeiter eröffnet, 34 von ihnen umgebracht und 78 weitere verletzt hatte. Stattdessen beschränkte sich der Präsident bei seinem Besuch auf einige Hintertürchen-Treffen mit der Polizei und eine rasche Tour durch das Spital, in dem einige der verletzten Männer untergebracht waren.
Am Dienstag besuchte eine Delegation von Kabinettsmitgliedern, darunter Gesundheitsminister Aaron Motsoaledi, Monitoring minister1Collins Chabane, Staatssicherheitsminister Siyabonga Cwele und Verteidigungsminister Nosiviwe Mapisa-Nqakula den Ort, an dem die BergarbeiterInnen ihre Treffen abhalten. Sie wurden mit offener Feindseligkeit empfangen, und zeitweise sah es so aus, als würde ihnen nicht erlaubt, auch nur einen Satz zu sagen. Irgendwann wurde ihnen dann Gelegenheit zum Sprechen gegeben, aber erst, nachdem lokale FührerInnen ihrem Zorn Luft gemacht hatten.
Es gab angespannte Momente. Den Ministern wurde erklärt, dass sie bodyguards und einen Hubschrauber, der über dem Platz kreiste, wegzuschicken hätten „Wir wollen hier nichts haben, das auch nur im Entferntesten einer Polizei ähnelt“, sagten die MinenarbeiterInnen. Nach einer Weile wurde die Polizei-Eskorte weggeschickt, obwohl eine Handvoll bodyguards in Zivilklamotten blieben.
Einer der Führer erzählte den Ministern noch einmal ihre Version der Vorfälle, die zu den Toten am Donnerstag geführt hatten. Einmal mehr beschrieb er, wie ein Angriff der Polizei auf den Hügel, auf dem sie saßen, dazu führte, dass Männer in alle Richtungen flüchteten – einige von ihnen schnurstracks in die Postenlinie des wartenden Einsatzkommandos, das das Feuer auf sie eröffnete. Er sagte auch, dass die Polizei später an diesem Abend einige Baracken im Lager durchsucht hätte, und dass sie einige Männer mitgenommen habe. Einige Reste, die am Schauplatz der Morde zurückgeblieben waren und eingesammelt worden waren, wurden präsentiert, darunter eine Kugel aus einem R5-Sturmgewehr. Die Erklärung war notwendig, weil sie gehört hatten, dass der Präsident vom selben Mann unterrichtet wurde, der die Polizeioperation geleitet hatte, und deshalb könne nicht darauf vertraut werden, dass seine Version der Vorfälle korrekt sein würde, sagte ein Mann.
Die streikenden MinenarbeiterInnen sind überzeugt, dass die Regierung Truppen geschickt hat, um sie niederzuschießen, weil R5-Sturmgewehre eingesetzt worden sind. Obwohl diese Waffe tatsächlich vom südafrikanischen Militär verwendet wird, war es das Einsatzkommando, das sie am Donnerstag verwendet hat.
Ein anderer Mann erzählte dem Komitee, dass der ANC die Leute im Stich gelassen hatte, die ihn an die Macht gewählt haben.
„Sogar ein Huhn bewacht alle seine Eier. Obwohl wir euch gewählt haben, den ANC, obwohl wir unser Kreuzchen neben Zumas Gesicht gemacht haben, schickt er seine Polizei, um uns umzubringen“, sagte er.
Er sagte, es sei klar, die Polizei sei mit Angriffswaffen dahergekommen, deshalb hatte sie offensichtlich einen „shoot to kill“-Auftrag von der Regierung erhalten.
„Wir haben um unsere Befreiung gekämpft, wir haben euch gewählt. Aber immer noch sind wir völlig rechtlos. Wann verdienen wir denn unsere Rechte? Die Henne hat ihre eigenen Eier zerstört. Zuma hat gezeigt, dass er es nicht verdient, uns zu führen, indem er nicht gekommen ist, um uns zu treffen. Stattdessen schickt er seine Boten“, sagte er. „Warum sollten wir dem ANC unsere Stimmen geben? Die schwarzen Männer hier wurden auf Befehl des schwarzen Mannes umgebracht. Euer ANC ist heute, das, was er ist, weil wir ihn dazu gemacht haben, und so dankt ihr uns dafür.“
Dem interministeriellen Komitee wurde dann erklärt, dass ihm nicht erlaubt sei, in Wonderkop eine Trauerfeier abzuhalten, solange die Männer, die verhaftet worden sind, nicht freigelassen werden und solange nicht die Familien derer, die verletzt worden sind, diese nicht besuchen dürfen.
Die Männer möchten auch ihre Familien in Ost-Kap begraben. Sie wiesen ein Angebot über 2 Millionen Rand durch den Lonmin-Aktionär Cyril Ramaphosa2zurück, das als Hilfe bei den Begräbniskosten gedacht war. Am Dienstag war nicht klar, ob das Hilfsangebot der Regierung angenommen werden wird.
Die Anwesenheit des interministeriellen Komitees wurde als Versuch gewertet, die Kontrolle über Vorfälle, die von Wonderkop ausgehen, zu erlangen, und diese Kontrolle dann an die Polizei oder Lonmin weiterzugeben. Die Aufrüstung ohne Besuch in Wonderkop war ein völliger Fehlgriff, denn der Streik, so wurde er uns beschrieben, war eine Forderung nach gerechter Entschädigung nach Jahren der Unterbezahlung. Die MinenarbeiterInnen haben klargestellt, dass sie einer Einmischung durch die Regierung nur zustimmen werden, wenn davor bestimmte Bedingungen erfüllt werden, und dass sie nur an die Arbeit zurückkehren werden, nachdem ihr Nettolohn von knapp 4.500 auf 12.500 Rand erhöht wurde.
Das Thema der Kontrolle kam verstärkt zur Geltung, als einer der wichtigsten Führer zum Daily Maverick sagte, dass der Streik weitergehen wird, bis ihre Forderungen erfüllt werden, und das bedeutet jetzt auch die Freilassung der Verhafteten und die Rückkehr derer, die ins Spital gesteckt worden sind. Als wir mit ihm sprachen, stand er gleich neben einem Stapel an Lebensmitteln und Wasser, das an die Menge verteilt wurde. Sie baten jeden, 10 Rand zu spenden, damit wieder etwas eingekauft werden kann.
Patekile Holomisa, ein traditioneller Führer in Ost-Kap, war Teil der Gruppe, die am Dienstag sprach, und erklärte, dass eine gerichtliche Untersuchungskommission eingerichtet wird, die untersuchen werde, was geschehen ist. Diese Neuigkeit begeisterte die Menge nicht.
Zuma könnte eine Rettungsleine verschmäht haben, als er nicht persönlich das BesetzerInnenlager besuchte. Das führte dazu, dass sein großartiges interministerielles Komitee stumm neben den MinenarbeiterInnen stand, während ein Arbeiter nach dem anderen aufstand, um den Komiteemitgliedern zu sagen, dass sie die Leute verkauft und verraten hätten, die sie an die Macht gewählt haben – vor allen TV-Kameras und Aufnahmegeräten. Der Präsident hätte ein wenig vom Ansehen der Regierung retten können, indem er sich persönlich entschuldigt hätte, und danach rasch irgendeinen Mechanismus in Gang gesetzt hätte, der sicherstellt, dass die Untersuchungen und der Ruf nach Gerechtigkeit unter beiderseitiger Zustimmung ablaufen. Sogar wenn die community von Wonderkop auf ewig angefressen sein wird, hätte das die Hässlichkeit der Antwort der Regierung in den Augen derer, die genau hinsehen, ein wenig gemildert.
Die MinenarbeiterInnen wissen auch, dass sie einen Informationskrieg führen. Die Führer sagten wiederholt, dass die Polizei sie davon abgehalten habe, die Presse zu treffen dort, wo die schlimmste Schießerei an dem Tag stattfand, als 34 von der Polizei getötet worden waren. Sie dementierten auch, dass sie die wenigen Lonmin-ArbeiterInnen, die am Montag und am Donnerstag arbeiten wollten, bedroht hätten. Was sie verstört ist das Wissen, dass die Regierung sich von der Polizei informieren lässt, von der sie absolut überzeugt sind, dass sie an diesem Tag kam, um sie abzuschlachten. Deshalb war es auch so wichtig, dass Zuma persönlich erscheint. Ob er das nachholt, wird mensch sehen. Leider ist „ein wenig zu spät“ Fixpunkt dieser sich entfaltenden Tragödie.
Die Echos aus Marikana werden den ANC und seine Regierung noch lange verfolgen.
Anmerkungen
1 Leider, keine Ahnung, was dieser Begriff bedeutet
2 Cyril Ramaphosa war früher der Chef der MinenarbeiterInnenewerkschaft NUM, heute ist er Miteigentümer von Lonmin.